Satyricon - Live at the Opera (01.05.2015)
by Jayden Deadwalk
Was
waren das noch für Zeiten, als norwegische Black Metalmusiker wegen
irgendwelcher Delikte im Knast Haftstrafen verbüßten und diese Musik
wirklich noch als gefährlich galt. Auch SATYRICON Drumtier Frost war einer
von diesen düsteren Herrschaften. Doch kommen wir jetzt mal wieder im Hier
und Jetzt an und begeben uns mittels einer DVD sowie einer Doppel-CD auf
eine schon recht besondere Live-Darbietung von Satyr, Frost plus
musikalischem Anhang nach Oslo. SATYRICON schwarzmetallisierten mit dem
Großteil des dort beheimateten Chors das Opernhaus Oslo. Das Publikum sitzt
zwar das komplette Set über brav auf seinen Stühlen. Aber das tut der
zunächst, doch dann sehr zeitig bereits tosenden Stimmung keinen Abbruch.
Songs aus der Frühphase der Band sind leider, wie auch auf der jüngsten
Europatour der Band, Mangelware. Wenn man jedoch Songs wie das ohnehin schon
packende "Our World, It Rumbles Tonight", den Hit neueren Datums "Repined
Bastard Nation" oder "Die By My Hand" auf die Lauschlappen gezimmert
bekommt, dann entschädigt das auch den letzten nörgelnden Oldschoolfan. Denn
diese eben erwähnten Songs wie auch das endgeile "Phoenix" funktionieren mit
dem Chor im Rücken extrem gänsehautverdächtig. In diesen Fassungen könnte
man SAYRICON auch glatt für den Soundtrack eines düsteren Horrorfilms
verpflichten. Bandleader Satyr scheint nun auf dem Höhepunkt seines
musikalischen Schaffens angekommen zu sein. Genial zudem, mein einjähriger
Sohn kommt ins Zimmer und fängt an zu den majestätischen Klängen von "Den
Siste" zu tanzen. Der Chor hat sich allerbestens auf dieses Event
vorbereitet und verleit den Songs das gewisse Etwas. Schlagzeuger Frost
wirkt allerdings, als hätte man ihn an die Kette gelegt. Und das ist
schade, wenn man bedenkt, was dieser Mann hinter den Kesseln alles zustande
bringen kann; siehe seine Zweitband 1349. Ich komme zu einem weiteren
Kritikpunkt. Das eigentlich göttliche "Mother North". Bei dieser Nummer wäre
ein bisschen weniger Chor durchaus angebracht gewesen. Das den Abend dann
gelungen abschließende "K.I.N.G.' groovt wiederum wie Hölle in Einheit mit
dem Chor. Es klingt einfach stimmiger als bei dem "Nemesis Divina" Übersong.
Klar ist es irgendwo toll, wenn in der heutigen Zeit zwei so
unterschiedliche Genres miteinander verbunden werden. Aber wir reden hier
von Black Metal. Und gerade bei "Mother North" geht einem deutlich auf, dass
die majestätische Gewalt, die SATYRICON in den frühen 1990ern noch
auszeichnete, bereits seit über zehn Jahren verschollen ist. Ein Track der
Kategorie "Now! Diabolical" ist und bleibt natürlich Hammer. Und der Chor
passt hier wie die berühmte Faust aufs Auge. Künstlerisch sind SATYRICON
nach wie vor eine Macht. Nur mit Black Metal hat ihre Musik heutzutage nicht
mehr viel zu tun. "Live At The Opera" bleibt für mich daher ein
zweischneidiges Schwert.
Fazit:
Ich mit meinen fast 45 Jahren trauere den guten alten Tagen des
norwegischen Black Metal doch ein wenig hinterher. Den Tagen, als reiner
Black Metal noch als gefährlich gegolten hat und die Bands alle noch
individuell geil waren. Wahrscheinlich geht Satyr noch heute einer ab, wenn
er sich die SATYRICON DVD mit dem Chor der norwegischen Staatsoper
reinzieht. Mir jedoch laufen eher die Nostalgietränen, denn bei aller
musikalischer Perfektion der aktuellen Kompositionen von Satyr und Co bleibt
für mich die Frage nach DEM Black Metalfeeling, welches in den frühen
1990ern SATYRICON Alben wie die beiden geradezu übermächtigen "The
Shadowthrone" und "Nemesis Divina" auszeichnete und eine herrlich finsteren
Erhabenheit atmete. Es verwundert den geneigten auch eigentlich gar nicht,
daß Schlagzeuger Frost mit 1349 seit einigen Jahren zusätzlich noch eine
Band am Start hat; die brachial hoch 10 dem norwegischen Black Metal der
alten Schule frönt. Denn seien wir doch mal ganz ehrlich. SATYRICON wirken
bei ihren Liveshows heutzutage keinen Deut gefährlicher als die Teletubbies
im Kleinkinder-TV. Sicher, auch meine Meinung ist natürlich nur rein
subjektiv und sicherlich haben SATYRICON auch heute noch jede Menge
herausragender Songs, die locker gegen die musikalischen Ergüsse des
musikalischen Mainstream anstinkeb können. Doch wenn es tatsächlich um Black
Metal geht, verlieren sämtliche Machwerke ab "Rebel Extravagenza" ganz
schnell an Durchschlagskraft. Wenn Satyr sich mit diesem Opernxhor also
einen Traum erfüllt hat, empfehle ich ihm hiermit, an dieser Stelle
aufzuhören, da musikalisch mehr als der Auftritt in der Staatsoper Norwegens
ja wohl nicht geht. Die DVD ist bild- und tontechnisch nahezu perfekt. Das
zu toppen, ohne sein Gesicht vor den Fans der ersten Stunde noch mehr zu
verlieren, dürfte wohl nicht möglich sein.