Let the Flame burn

In den letzten Jahrzehnten hat sich gerade die lokale Metalszene stark verändert, einer Vielzahl an Bands steht eine geringe Zahl an Locations und Festivals gegenüber. In einer neuen Reportagen Reihe werden wir die Metalszene in verschiedenen Bundesländern beleuchten, mit Bands, Veranstaltern, Locations, Fans und Magazinen sprechen, um ihre Sicht der Dinge zu erfahren. Wir möchten allen die Möglichkeit bieten, sich auch außerhalb ihrer Region zu präsentieren. Im sechsten Teil dürft ihr einen Blick in die heiligen Hallen einer Plattenfirma werfen. Marc Halupczok gewährte uns für diese Serie einen tiefen Blick in das Label Firefield Records und sprach ganz unverblümt über die Metalszene, die Entwicklung und die Probleme mit denen ein Label zu kämpfen hat.

Stell bitte einmal euer Label vor und welche Bands bei euch ansässig sind.

Wir sind Firefield Records aus Braunschweig, gegründet 2007 von Christian Schulze. Ich selbst (Marc Halupczok) bin seit 2010 mit an Bord. Momentan stehen unter anderem Bands wie President Evil, Palace, Headshot, Xiom, Steel Horse, Gonoreas, Total Annihilation, Bitter Piece, Magna Mortalis, Marilynn, Fauns, Pessimist, Dust & Bones, Liquid Horizon, No Inner Limits, Dread und andere bei uns unter Vertrag. Die Spanne reicht von Rock (Fauns, President Evil, Marilynn) bis hin zu Death Metal (Dread, Magna Mortalis). Dazu kommen noch besondere Veröffentlichungen, wie die DVD von Macbeth oder ein Hörbuch von Till Burgwächter. Unser Hauptaugenmerk liegt klar auf den traditionellen Metal-Spielarten, aber wenn uns etwas wirklich überzeugt, sind wir offen. So lange Gitarren im Spiel sind.

Wie ist die lokale Bandszene bei euch aktiv, sprich wie groß ist der Ansturm auf euer Label.

Braunschweig hat eine recht große und lebendige Szene. Es gibt viele Bands (Headshot sind momentan wahrscheinlich die bekanntesten im Metal-Bereich), einen agilen Heavy-Metal-Club (Hotel 666), der Shows und Partys organisiert und mehrere Locations, wo mehr oder minder regelmäßig Gigs stattfinden. Das hat auch mit der Historie zu tun, da in den siebziger und achtziger Jahren Bands wie AC/DC, Sodom, Kreator und andere aufgetreten sind. Dazu kommen starke Szenen in verwandten Genres wie Punk (Daily Terror und Moiterei kamen/kommen aus Braunschweig) oder Crossover (Such A Surge). Dementsprechend haben wir natürlich viel Kontakt zu lokalen Combos und Musikern, die wir zum Teil seit 20 Jahren kennen. Wir verstehen uns aber als offenes Label. Momentan haben wir zum Beispiel mehr Anfragen aus Russland als aus unserer Ecke. Aber wir bekommen auch Post aus Japan, Australien oder afrikanischen Staaten.

Kleinere und mittlere Label leisten eindeutig die Aufbauarbeit bei Bands, so sind es sie, die viel Zeit und Geld in neue Bands stecken. Wie empfindest du es wenn solche Bands dann zu anderen Labels abwandern?

Das ist wie im Fußball: Wenn ich beim SC Freiburg spiele und ein Angebot von Dortmund bekomme, überlege ich und werde in der Regel schwach. Das ist auch völlig okay, die meisten würden so handeln. Was ich nicht verstehe ist, wenn man in die umgekehrte Richtung wechselt, obwohl dies gar nicht nötig wäre. Wir hatten leider auch schon Fälle, in denen sich Bands bei uns Tipps und Ratschläge abgeholt haben, eine Menge Zeit in Anspruch nahmen und dann kurz vor der Vertragsunterschrift zu einem anderen Label gegangen sind. Das ist dann weniger erfreulich.

Welche Probleme haben kleinere und mittlere Musiklabel auf dem Markt? Es ist ja so, dass gerade die großen Label sehr dominierend sind.

Klar sind sie das. Leider gibt es mehr gute Bands als Platz in den großen Magazinen ist. Und die Redaktionen nehmen natürlich lieber die Schäfchen ihrer langjährigen Geschäftspartner ins Heft als Bands von kleineren Labels. Man muss halt dagegenhalten, Überzeugungsarbeit leisten, andere Wege suchen und sich langsam entwickeln.

Da du einen guten Überblick über den Musikermarkt, Bandmarkt hast, wie betrachtest du die Entwicklung der letzten 10-15 Jahre im Bereich Metal, Rock? Was hat sich in der Szene verändert und was macht eure Arbeit einfacher oder schwerer?

Einfacher ist es natürlich vor allem durch das Internet geworden. Früher musste alles per Post oder Telefon geklärt werden, heute geht das ganz schnell. Ob das Versenden eines Demos oder die Klärung von Vertragsdetails. Aber das kann auch ein Fluch sein, wenn sich eine Band alle zwei Stunden erkundigt, ob es schon was Neues gibt. ;) Schwerer ist es, weil auch durch das Netz viel mehr Musik zur Verfügung steht, und das oft für lau. Dadurch, ist – meine persönliche Meinung – der Wert des Kulturgutes Musik gesunken. Zwar jammern immer alle (mich eingeschlossen), dass kein Geld da ist. Aber jeder hat zwei Flachbildschirme, ein Smartphon, einen Laptop und mindestens eine Spielekonsole zu Hause stehen. Wir müssen wieder dahin kommen, dass Musik als etwas Wertvolles angesehen wird, das sich zu kaufen lohnt. Dass Musik noch da sein wird, wenn Sony, Nintendo und Co. ihre Konsolen längst eingemottet haben und Raumschiffe für Mars-Reisen bauen. Dass Musik mit Leidenschaft gemacht wird, aber auch Leidenschaft beim Hören und Sammeln verdient hat. (Wow, liest sich fast wie eine Predigt).

Welche Wege habt ihr für den Vertrieb, die Promotion usw. gefunden? Habt ihr Möglichkeiten auch außerhalb von facebook und Co eure Bands bekannt zu machen und ihre Musik zu verkaufen?

Ja, natürlich. Die Online-Mags und kleineren Print-Mags sind da ganz wichtig (obwohl hier vereinzelt auch schon mit der Formel „Interview gegen Geld“ gearbeitet wird), außerdem einige Internet-Radiostationen, Flyer-Aktionen, Gratis-Beileger  usw. Aber letztlich muss eine Metal-Band immer live überzeugen. Umso mehr sich eine Band in dieser Hinsicht reinhängt, desto besser die Verkaufszahlen. Das ist ganz deutlich abzulesen. Unsere Bands Total Annihilation und Bitter Piece zum Beispiel haben sich Anfang des Jahres 2013 auf eine DIY-Minitour aufgemacht. Vier Tage, vier Gigs. Was da alleine an CDs und Shirts über den Tresen ging, war schon sehr ordentlich. Man verkauft halt nichts, wenn man mit dem Arsch auf der Couch hocken bleibt. Ob mit kleinem, großen oder gar keinem Label. Abgesehen davon haben wir einen starken Vertrieb, so dass die CDs auch in den Läden stehen und bestellbar sind. Das ist natürlich ebenfalls sehr wichtig.

Was immer mehr in Mode kommt ist der digitale Vertrieb, so werden Alben zuerst über iTunes vertrieben, bevor überhaupt eine CD auf den Markt kommt. Welche Vor- und Nachteile siehst du hier?

Das machen wir manchmal auch so, zum Beispiel im Fall der neuen Scheibe von President Evil, die zwei Wochen vor dem offiziellen Release als Download angeboten wird. Das ist ein guter Gradmesser für das Interesse. Außerdem können die Leute schon mal reinhören und sich ein eigenes Urteil bilden. Uns als Label ist es letztlich egal, ob wir Downloads oder CDs verkaufen. Als Musik-Fan bevorzuge ich natürlich die physikalischen Tonträger. Wir werden demnächst wahrscheinlich auch einige ausgewählte Alben aus unserem Roster auf Vinyl veröffentlichen, um einfach mal zu sehen, ob das angenommen wird.

Wo wir gerade bei dem Thema CD´s und Alben sind, es gab eine Zeit wo gerade größere Bands die Zunahme von Raubkopien, Tauschbörsen usw. beklagten. Einige starteten wahre Hexenjagden (Metallica, Iron Maiden und Co.) Wie macht sich das bei euch bemerkbar, ist es zurückgegangen oder vielleicht mehr geworden? Oder wart ihr gar nicht betroffen und wie könnte man dem Ganzen entgegenwirken?

Natürlich sind auch wir betroffen. Als Beispiel nenne ich mal „The Script Of Life“ von Liquid Horizon. Das geisterte monatelang durch alle möglichen illegalen Tauschbörsen, obwohl wir versucht haben, dagegen vorzugehen. Das Ergebnis war, dass die Verkaufszahlen bei diesem starken Album deutlich hinter den Erwartungen zurückblieben. Das ist sowohl für die Band als auch für das Label eine große Enttäuschung. Sicher sind wir nicht so stark betroffen, wie die großen Labels mit viel bekannteren Bands. Am Ende bedroht das aber sowohl die kleinen wie die großen Labels. In unserem Shop bieten wir unsere (und andere) Alben zu wirklich fairen Kursen an. Wer da dann lieber auf illegale Downloads setzt, dem ist nicht mehr zu helfen. Und auch wenn es schon hundert Mal gesagt wurde: Irgendwann ist wirklich kein Geld mehr für neue Alben da.

Ein weiteres Thema was für eine Menge Wirbel gerade in der Presse sorgt, ist das so genannte Labelsterben? Meiner Meinung nach hat es das immer wieder gegeben, das Label aufgeben mussten oder von großen Konzernen geschluckt wurden, zudem kommen jedes Jahr etliche kleine Label hinzu, ist es hier nicht ehr eine Art natürlicher Auslese? Wo siehst du die Problematik, dass auch bekannte Label aufgeben müssen?

Natürlich ist es auch eine Art natürliche Auslese, die wichtig ist. Ich denke, ein Label sollte in erster Linie gute Bands auf den Markt bringen und nicht zum Selbstzweck existieren. Bei manchen Firmen hat man manchmal den Eindruck, das Verhältnis ist umgekehrt. Grundsätzlich wird es immer dann schwierig, wenn vollwertige Arbeitsplätze daran hängen. Wir machen das Label ja nur nebenbei und leben nicht davon. Deshalb sind wir wesentlich unabhängiger, was die Auswahl derer angeht, mit denen wir zusammenarbeiten. Da können wir auch mal rein nach Sympathie oder Bauchgefühl entscheiden. Wenn da fünf Arbeitsplätze oder mehr dran hängen, ist das natürlich schwieriger.

Und ich denke, dass sich manche Labels auch mit den sinkenden Absatzzahlen der letzten Jahre verkalkuliert haben. Weniger Verkauf heißt weniger Geld heißt weniger Werbung heißt weniger Verkauf. So was nennt mal wohl Teufelskreis.

Welche Möglichkeiten siehst du um die Szene mehr zu beleben, was müsste sich ändern in den Vorraussetzungen für gerade junge Bands?

Es müsst wieder mehr Möglichkeiten geben live aufzutreten. Und zwar nicht für 700 Euro Raummiete plus Strom- und Wasserabschlag bei 10 Prozent Beteiligung am Ticketverkauf, sondern erschwinglich. Größere Bands müssten guten (!) unbekannteren Bands auch mal eine Chance im Vorprogramm geben, ohne gleich Unsummen zu verlangen. Klar, auch erfolgreiche Bands wollen leben, die Kosten für den Nightliner, Catering usw. müssen gedeckt werden. Aber manche Combos verdienen im Rahmen einer Tour nicht mehr hauptsächlich an den Tickets oder den Shirts, sondern an den Fantasiesummen, die die Vorgruppen blechen. Und dafür finden die Vollzahler dann auch noch gerne mieseste Umstände vor. Klar, es gibt auch Gegenbeispiele. Aber der Trend zeigt leider eindeutig in diese Richtung.

Wer mehr über Bands, Veranstalter, Festivals und Locations aus seiner Region erfahren möchte, der sollte die nächsten Wochen die Augen offen halten, denn New-Metal-Media wird jetzt wöchentlich über die lokalen Metalszenen berichten. Wir danken Marc von Firefield Records  für diesen exklusiven Einblick in sein Label und wer über seine Band, Location, Magazin, Festival berichten möchte, setzt sich gerne mit uns in Verbindung.

Mehr Infos zu Firefield Records gibt es hier:

 

 

 

Homepage: http://www.firefield-records.info/
Facebook:
https://www.facebook.com/Firefieldrecords
 

 

 

 

 

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